

Es gibt Läufe die muss man nicht erfahren. Oder sind das gerade die Läufe die man erfahren haben muss?
Ich glaube, wer in seinem Laufleben keine Strecke von dem verrückten Niederländer Eric gespürt hat, weiß nicht was für ein grässliches Potential im Pfälzer Wald zwischen 250 und knapp 600 Meter Meereshöhe liegen kann.
KUT 2011, das heißt mal wieder eine Streckenoptimierung durch Eric und einige neue Höhenmeter dazu, was zum Ergebnis von 85km und stolzen +/- 3000 Höhenmeter führt.
Und nach dem Lauf wartet im Ziel ein freudiger Veranstalter Eric Tuerling, der die schmerzverzehrten Finisher-Gesichter gerne empfängt.
Wunderbar, und 2 Punkte für den UTMB 2012 gibt’s auch noch oben drauf. Respekt, Eric.
Willi Melcher und ich sind seit 2 Uhr nachts auf den Beinen und rauschen mit dem Auto in Richtung Kaiserslautern, um gegen 4:45 im Vereinsheim den zweiten Kaffee einzuwerfen. Welch Überraschung wer hier am Start ist. Rene Strosny und Angelika, Jens Lukas, Karl Ziegelmeier und Freund Martin Feigel aus Ingolstadt, Gerhard Börner und und und; ein Stell-dich-ein der Ultramarathon-Szene mit einem Haufen UTMB-Finisher und sogar Sparthalon-Siegern. Hier geht richtig was. Respekt, Eric. Der Start erfolgt um 6Uhr nach Eric’s Zeitmessung und wir machen uns auf, um die ersten 41km im Halbkreis in Angriff zu nehmen.


Aber Achtung: Verlaufen ist angesagt! Tolle Gruppe, tolle Landschaft und schwups, da steht man in Wald ohne Markierung. Entweder zurück und die letzte Kreuzung mit der Markierung suchen oder das Navi rauskramen und die Örtlichkeit checken. Und eins ist sicher: KUT ohne Verlaufen geht fast nicht.

Das Gelände ist rau, der Untergrund ziemlich hart und uneben. Von Anfang an werden alle Beinmuskelpartien stark beansprucht. Während dem Lauf spürt man, was aus einem Gelände rauszuholen ist, wenn man den stets bekannten Weg verlässt. Zwei Eigenheiten sind beim KUT besonders zu betonen. Erstens, es gibt nur 4 Versorgungsstellen, nur mit Wasser vom Veranstalter bestückt.

Aber, man kann vor dem Rennen, eigene Getränke in die Verpflegungsstellen-Boxen abgeben, aber die feste Nahrung muss persönlich mitgeführt werden. Zweitens Fuchs-Eric hat die erste Runde extra nur mit 41km abgesteckt, um nur die Ultraläufer anzusprechen und nicht die Marathon-Mengensammler-Läufer, welche sicherlich nach einer Marathon-Halbzeit im Stadion aussteigen. Clever, Eric.

So, nach knapp 5 Stunden erreichen Willi und ich nach den besagten 41km wieder das Stadion und eine kurze Mittagspause von 7min ist angesagt. 1Liter Iso, 2 gekochte Kartoffeln und ne Portion Vitargo warten im Kofferraum meines Autos verspeist zu werden.

Die Sonne lacht noch vom Himmel, aber glücklicherweise geht’s wieder in den Wald und die ersten Wolken kommen auch schon. Die zweite Runde im Norden von Reichweiler ist länger und anstrengender vom Geländeprofil als die erste Runde.

KM50, eine Überraschung im Walde. Zwei Gartenstühle und zwei Kästen Pilsbier stehen zur Feier der 50km-Marke hier. Wir rangieren gerade an Platz 39 und 13 Flaschen Pils sind schon geköpft??? Sorry, 14 Flaschen, Willi zieht auch eine… Respekt ihr Läufer vor mir.
Während dem Lauf denke ich, ich befinde mich auf Teilstrecken vom K78 in Davos oder beim Canyon-Lauf in der Schlucht von Verdon. Ein über 200 langer Gewölbetunnel ist zu durchqueren, Holzbrücken und 3 kurze Steilpassagen mit einem Seil zu erklimmen. An alles wird hier gedacht.

Es läuft zwar nicht ganz so rund, meine Fersenverletzung plagt mich schon seit der 4.ten Laufstunde (KM35), aber es wird nicht schlimmer. Wir erreichen nun die letzte Verpflegung bei KM70 nach 9 Stunden. Pause – Wasser nachfüllen. Ich entdecke meine Rosinen in meinem Rucksack wieder, und auf geht’s zu den letzten 15km. Erste Rechnungen im Kopf „wann kommen wir an…“ beginnen, aber plötzlich hat sich das Rechnen erledigt. Akku leer, sage ich nur. Urplötzlich geht’s mir hundeelend, kalter Schweiß auf der Stirn, Gummimuskeln, die Anstiege sind ein echter Kampf, die Abstiege noch schlechter. Hoffentlich geht’s da oben nur noch eben ins Ziel, denke ich. Aber wir sind ja bei Eric’s KUT und da kommen noch einige Leckerchen auf die Läufer zu. Bei KM79 muss ich das erste Mal in die Knie. Hinlegen, Beine hoch, Kreislauf stabilisieren und zu Kräften kommen. Ich will nicht jammern, aber das war gerade hart für mich. Aber der innere Schweinhund siegte und Willi spielte die Dampflok vorneweg; 2:30 Std:min für die letzten 15 Kilometer sind zwar lange, aber der 1.Plazierte hatte für diese Strecke auch 1:40 Std:min gebraucht. Finally, nach 11:22 Std:min sind wir Zwei gemeinsam ins Ziel gekommen und, wie schon erwähnt, von Eric Tuerling persönlich begrüßt worden. Danke, Eric.
Nach weiteren 3min hatte ich schon eine Cola und ein Weizenbier intus, und siehe da, das Stehaufmännchen war geboren. Noch zwei alkoholfreie Weizen und ein Abendessen und ich hatte wieder Lust zu Laufen. Aber dafür gibt es ja sogenannte Vorbereitungsläufe um extreme Situationen zu testen und Erfahrungen zu sammeln. Auf jeden Fall werde ich hinten raus immer auf Cola oder das österreichische Koffein-Getränk achten (welches Willi mehrfach dabei hatte; Neid).
Fazit: ein fordernder, ruppiger geiler Lauf, der nicht untrainiert machbar ist.
Bei 142 Starter/innen und 126 Finishern können wir mit Platz 40+41 ganz stolz sein.
So, nun sind die Vorbereitungsläufe so weit abgeschlossen und die Saisonhighlights Zugspitzumrundung (101km und ca.+/-5600 Höhenmeter) und die Mont Blanc Umrundung UTMB (166km und ca. +/- 9500 Höhenmeter) können kommen.
Und was nimmt man vom KUT mit? Neben einer Finisher- Medaille (was bei einem Ultratraillauf eine Seltenheit ist), ein Finisher-Shirt, Brenneselblasen an den Knien und 4 Zecken.
Der eine oder andere noch einen bösen Muskelkater, aber dieser wurde mir wenigsten erspart.
Danke Eric für die tolle Strecke, Danke Willi für die Hilfe.

Oliver Binz; Zielzeit 11:22:45 Std:min:sec; Platz 40
www.binz-online.com
Mehr Infos über den KUT unter http://www.tuerlings.de/kut/
Mai 2011
Bild und Textquelle: Oliver Binz per E-Mail